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Charles Webster Leadbeater

Charles Webster Leadbeater wurde am 16. Februar 1854 im englischen Stockport geboren. Obwohl er am 21.12.1878 in der St. Andrews Kirche in Farnham zum Diakon der Anglikanischen Kirche geweiht wurde, war Leadbeater kein Kirchenmann der orthodoxen Glaubensrichtung. Er hatte schon als Kind ungewöhnliche Träume, die sich später als Bilder aus einem früheren Leben herausstellen sollten. Außerdem zeigte er schon früh ein ausgeprägtes Interesse an der damals stark aufkommenden spiritualistischen Bewegung.

thumb 180px-Charles Webster Leadbeater.003Anfang des Jahres 1883 fiel Leadbeater das Buch "Die okkulte Welt" von A.P. Sinnett in die Hand, das den ernsthaften Wunsch auslöste, in die Theosophische Gesellschaft einzutreten. Anfänglich zögerten die führenden englischen Theosophen, einen "Kirchenmann" in die Gesellschaft aufzunehmen, doch diese Bedenken schwanden schnell. Formal wurde Leadbeater am 20.11.1883 Mitglied der englischen Theosophischen Gesellschaft.

Aufgrund seiner Kontakte mit einem der bedeutendsten Medien seiner Zeit, versuchte Leadbeater auf diesem Weg einen Brief an die "Meister" weiterzuleiten. Dieser Versuch schien aber offensichtlich fehlzuschlagen, denn mehr als ein halbes Jahr lang erhielt er keine Antwort. Am 30.10.1884 fuhr Leadbeater nach London, um sich von H.P. Blavatsky zu verabschieden, die zwei Tage später nach Indien zurückreisen wollte. Durch sie erhielt er unerwartet die Mitteilung, sein Brief würde nicht unbeantwortet bleiben. Als er am nächsten Morgen nach Hause zurückkehrte, fand er einen Brief von Kut Humi vor, der es ihm freistellte, mit Madame Blavatsky nach Indien zu kommen. Leadbeater kehrte auf der Stelle um, verfasste einen Brief an den Meister und bat H.P. Blavatsky in London um dessen Übermittlung. Sie erfüllte seinen Wunsch und bat ihn, in den nächsten Minuten an ihrer Seite zu bleiben. Nach einiger Zeit setzte sie sich vor den Kamin, wo sie blitzschnell die Hand zum Feuer ausstreckte, die Handfläche nach oben. Die Anwesenden schauten ihr überrascht zu und konnten mühelos erkennen, wie sich in ihrer Handfläche eine Art weißer Nebel bildete, der sich schließlich zu einem Stück Papier formte. Es war die Antwort auf Leadbeaters Brief, in dem Kut Humi Leadbeater bestätigte, dass seine Empfindung, umgehend nach Indien zu reisen, den Wünschen der Meister entsprach. In wenigen Tagen schloss Leadbeater radikal mit seinem alten Leben als Diakon ab, vertraute seinem Meister und folgte H.P. Blavatsky nach Indien. In den folgenden Monaten nahm sich H.P. Blavatsy persönlich des jungen Idealisten an, und es kann kein Zweifel daran bestehen, dass sich in dieser Zeit ein freundschaftliches Band zwischen den beiden knüpfte. Sie vertraute ihm sogar so weit, dass sie ihn in ihrem Namen die Untersuchungen in der sogenannten "Coulomb-Affäre" durchführen ließ, eine Angelegenheit, die für Madam Blavatsky von außerordentlicher Bedeutung war.

Bis zum Sommer 1885 verfügte Leadbeater über keinerlei paranormale Fähigkeiten. Erst unter der Inspiration seines Meisters und eines seiner Schüler entfaltete er mit Hilfe bestimmter Yoga-Techniken allmählich seine innere Sicht. In den folgenden Jahren erweiterten sich seine hellsichtigen Fähigkeiten kontinuierlich, was ihn in die Lage versetzte, am Ende des 19. und am Beginn des 20. Jahrhunderts wegweisende theosophische Bücher zu verfassen (einige zusammen mit Annie Besant). Darunter waren die Klassiker "Der sichtbare und der unsichtbare Mensch", das erste Grundlagenwerk über die menschliche Aura und die feinstofflichen Körper; seine epochale Monographie über die "Chakras", die noch hundert Jahre nach ihrem Erscheinen Autoren zu diesem Thema inspiriert; sowie das erste Buch über "Gedankenformen", das Einfluss bis in die Kreise der modernen Kunst entfaltete. Noch heute sind diese Bücher, neben seinen Werken über das Leben nach dem Tod, Bestseller in allen großen Weltsprachen.

In den Jahren 1905 und 1906 musste Leadbeater eine tiefe persönliche Krise durchleben. Die Vorwürfe, die man ihm gegenüber erhob, brachen aber im Laufe der Jahre alle in sich zusammen. Um Schaden von der Theosophischen Gesellschaft abzuwenden und um persönlichen Verunglimpfungen ein Ende zu bereiten, zog sich Leadbeater aus der Gesellschaft zurück.

220px-Charles Webster Leadbeater.001Im Herbst des Jahres 1908 nahm Annie Besant, die im Jahr zuvor die Nachfolge von H.S. Olcott als Präsidentin der Theosophischen Gesellschaft angetreten hatte, ihren alten Weggefährten wieder in die Gesellschaft auf. Leadbeater kehrte nach Adyar zurück, gerade rechtzeitig, um im April oder Mai des Jahres 1909 am Strand von Adyar den jungen Krishnamurti "zu entdecken". Selbst wenn Leadbeater kein Buch geschrieben und keinen einzigen nützlichen Beitrag zur Theosophie geleistet hätte, so wäre sein Platz in den esoterischen Geschichtsbüchern allein dadurch gesichert, dass er in dem jungen, etwas verwahrlosten und verstörten Brahmanenknaben den "kommenden Weltlehrer" erkannte. Krishnamurti verdankt Leadbeater mehr, als er über viele Jahre öffentlich bekannte. Erst kurz vor seinem Tod (1984) kehrte Krishnamurti nach Adyar zurück, versammelte sich kurz vor einem Bild Leadbeaters und murmelte, die Hand auf sein Herz legend: "Pax!" Ein Kreis hatte sich geschlossen.

Am 20. Februar 1914 verließ Leadbeater Indien Richtung Neuseeland und Australien. Es begann eine Epoche, die ihn aus dem Zentrum der esoterischen Arbeit innerhalb der Theosophischen Gesellschaft etwas herausführte. Fortan galt ein Großteil seiner Aufmerksamkeit der Freimaurerei und dem Aufbau der "Liberal-Katholischen-Kirche". Etliche seiner späteren Publikationen sind diesen beiden Gebieten gewidmet.

Er versammelte in Sydney in einem großen theosophischen Zentrum (The Manor) viele Schüler um sich und widmete sich der Verbreitung der Theosophie in Wort und Schrift.

Am 29. Februar 1934 verließ er um 16.15 Uhr seinen irdischen Körper, um sich fortan seiner Arbeit in jener Welt zu widmen, von der er zu seinen Lebzeiten mehr berichtet hatte, als jeder seiner Nachfolger.

Dr. Peter Michel, Aquamarin Verlag, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.


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